„Baschar al-Assad ist die Blüte der Heimat und der Glanz der Nation“, steht auf der Mauer des Armeestützpunkts im syrischen Hasaka. Bis vor einigen Tagen waren hier noch Soldaten des Regimes von Baschar al-Assad stationiert, doch nun sind die Truppen auf dem Rückzug. In der Stadt tobten zuletzt schwere Kämpfe zwischen den kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) auf der einen und Assad-Truppen und arabischen Milizen auf der anderen Seite.
Nun haben sich die Konfliktparteien auf einen Waffenstillstand geeinigt, der wie eine Kapitulation des Regimes klingt: Die Armee und ihre Hilfstruppen ziehen sich vollständig aus Hasaka zurück und dürfen das Stadtgebiet nicht mehr betreten. Nur noch die Polizei soll einen Stützpunkt im Stadtzentrum behalten.
Damit endet ein brüchiges Stillhaltekommen zwischen dem Assad-Regime und den kurdischen Einheiten.
Der Hintergrund: Als 2011 der Aufstand gegen die Führung in Damaskus losbrach, gingen auch in Hasaka und anderen mehrheitlich von Kurdenbewohnten Städten Tausende auf die Straßen. Bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften kamen Dutzende Menschen ums Leben.
YPG und Assad-Regime verbündeten sich gegen den IS
Als das Regime 2012 die Herrschaft über immer größere Teile Syriens verlor, zog sich die Armee weitgehend aus Hasaka und Umgebung zurück. Assad brauchte die Truppen in anderen Landesteilen, er überließ die Kontrolle kurdischen und arabischen Milizen, die sich kritisch beäugten und die Stadt quasi untereinander aufteilten. Die kurdischen Milizionäre patrouillierten in den von Kurden bewohnten Vierteln der 200.000-Einwohner-Stadt, die arabischen Sicherheitskräfte kontrollierten die arabischen Stadtteile. In der Stadt blieb nur eine kleine staatliche Armeeeinheit.
Im Notfall gingen das Regime und die YPG taktische Bündnisse ein, etwa im Sommer 2015: Damals rückten Kämpfer der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) von Süden auf Hasaka vor. Armee und kurdische Milizionäre koordinierten die Verteidigung und schlugen den Angriff zurück. Heute ist die Gefahr gebannt, der IS steht knapp 200 Kilometer von der Stadt entfernt.
Stattdessen eskaliert der Konflikt zwischen Regime und Kurden – beide Seiten machen sich gegenseitig verantwortlich. Die Kurden werfen Damaskus vor, man habe auf Geheiß Russlands und der Türkei versucht, die YPG aus Hasaka zu vertreiben. Die Kämpfe seien demnach die Folge der jüngsten Annäherung zwischen den Staatschefs Recep Tayyip Erdogan und Wladimir Putin. Schließlich sieht Ankara den Machtzuwachs der Kurden entlang der syrisch-türkischen Grenze mit großer Sorge.
Die syrische Regierung wiederum bezichtigt die Kurden, die Kämpfe ausgelöst zu haben. Die YPG habe nach der Eroberung von Manbidsch die Chance gewittert, nun auch Hasaka vollständig einzunehmen, und die arabischen Bewohner aus der Stadt zu vertreiben.
Das Pentagon droht dem Assad-Regime
Am Donnerstag bombardierten zum ersten Mal seit Kriegsbeginn Kampfjets der syrischen Luftwaffe Stellungen der YPG in Hasaka und Umgebung.
Das löste eine direkte Reaktion aus – der USA. Die ließen Bomber aufsteigen und das Gebiet überfliegen. Zwar gab es keinen direkten Kontakt zwischen syrischen und amerikanischen Kampfflugzeugen, allerdings stellte das Pentagon anschließend klar: „Das syrische Regime ist gut beraten, sich nicht mit den Truppen unserer Koalition anzulegen. Wir werden uns verteidigen, wenn wir uns bedroht fühlen.“
In dem Gebiet rund um Hasaka sind rund 300 US-Spezialkräfte im Einsatz. Sie koordinieren gemeinsam mit der YPG den Vormarsch der „Syrischen Demokratischen Kräfte“ (SDF) auf die IS-Hochburg Rakka. Dieses Rebellenbündnis, das die Kurden anführen und dominieren, ist der wichtigste militärische Verbündete der USA in Syrien und soll den IS am Boden besiegen.
Im Konflikt um Hasaka droht nun eine direkte Konfrontation zwischen Syrien und seinem militärischen Verbündeten Russland auf der einen, und den USA auf der anderen Seite. Assad und Putin haben trotz einer vereinbarten Waffenruhe keine Scheu gezeigt, den Osten Aleppos oder Vororte von Damaskus, die von Aufständischen kontrolliert wurden, in Schutt und Asche zu legen. Dasselbe könnten sie in Hasaka tun – Feuerpause hin oder her.
Allerdings steht dort nun die Drohung der USA im Raum, Luftangriffe auf die Kurden nicht zuzulassen. Heißt im Klartext: Flugzeuge des Regimes, die kurdische Stellungen bedrohen, würden abgeschossen. Bleibt dasPentagon bei dieser Drohung, könnte über dem kurdischen Teil Syriens das entstehen, was Oppositionelle seit fünf Jahren für ganz Syrien fordern: eine Flugverbotszone für Assads Kampfjets.