Bi einem mutmaßlich islamistisch motivierten Bombenanschlag im fränkischen Ansbach sind am Sonntagabend zwölf Menschen verletzt worden. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hält es für wahrscheinlich, dass der Anschlag das Werk eines islamistischen Selbstmordattentäters war. „Meine persönliche Einschätzung ist, dass ich es leider für sehr naheliegend halte, dass hier ein echter islamistischer Selbstmordanschlag stattgefunden hat“, sagte Herrmann am frühen Montagmorgen.
Scharfkantige Metallteile im Rucksack
Der mutmaßliche Täter ist nach Angaben des Innenministers ein vor zwei Jahren nach Deutschland gekommener 27 Jahre alter Flüchtling aus Syrien gewesen. Sein Asylantrag wurde vor einem Jahr abgelehnt, eine Abschiebung hat nicht stattgefunden, weil in Syrien Bürgerkrieg herrscht. Der junge Mann, der wegen zwei Selbstmordversuchen öfter in psychiatrischer Behandlung gewesen sei, wollte offensichtlich die Bombe mit scharfkantigen Metallteilen in seinem Rucksack bei einem Musikfestival mit etwa 2500 Besuchern zünden.
Aufgrund der Metallteile gehen die Behörden davon aus, dass es sich um einen Anschlag und keinen Selbstmord handelt. Ziel sei es gewesen, möglichst viele Menschen zu verletzen. Dem Attentäter wurde der Einlass verwehrt. Bei der Explosion gegen 22 Uhr vor dem Eingang zu dem Open-Air-Konzert wurden 12 Menschen verletzt, drei davon schweben in Lebensgefahr. Man müsse nun herauszufinden, mit wem der Täter kommuniziert habe, sagte der zuständige Staatsanwalt Michael Schrotberger.
Der Stadt Ansbach war der mutmaßliche Bombenattentäter als „unauffällig, nett und freundlich“ bekannt. Das sagte der Leiter des städtischen Sozialamts, Reinhold Eschenbacher, dem Bayerischen Rundfunk unter Berufung auf Mitarbeiter seiner Behörde. Eschenbacher wollte aber keine Angaben darüber machen, in welcher Unterkunft der 27-jährige Syrer zuletzt wohnte. Insgesamt lebten derzeit rund 500 Asylbewerber in der Stadt, darunter 50 unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge. Sie seien in sechs städtischen und mehreren staatlichen Sammelunterkünften sowie dezentral in Wohnungen untergebracht.
Auf die Frage, ob der Täter im Zusammenhang mit der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) stehe, sagte Minister Herrmann: „Es ist dies auf jeden Fall nicht auszuschließen.“ Konkrete Hinweise auf den IS gebe es allerdings noch nicht. „Die offensichtliche Absicht, mehr Menschen zu töten, weist zumindest auf einen islamistischen Hintergrund hin.“ Der Nürnberger Polizeivizepräsident Roman Fertinger erklärte: „Wenn er mit dem Rucksack in die Veranstaltung gelangt wäre, hätte es bestimmt mehr Opfer gegeben“, sagte Fertinger.
Die Ermittler haben beim Täter ein Handy gefunden, es wird zur Stunde von Spezialisten untersucht. Der Täter ist nach Angaben von Polizei-Vizepräsident Fertinger wohl bei der Tat gestorben. Der Notarzt habe keine Lebenszeichen mehr feststellen können.
Bundesanwaltschaft: Erst „zuverlässige Tatsachengrundlage verschaffen“
Es ist die dritte Bluttat in Bayern innerhalb einer Woche. Am Montagabend hatte ein Flüchtling in einer Regionalbahn in Würzburg Menschen mit einer Axt angegriffen, am Freitagabend war ein junger Mann in München Amok gelaufen. Mehrere Menschen starben, viele wurden verletzt. Herrmann sagte, es sei leider ein weiterer schlimmer Anschlag, der gerade die Besorgnis der Menschen weiter verstärken dürfte. Daher sei eine restlose Aufklärung der Tat wichtig, um das Vertrauen in den Rechtsstaat wieder herstellen zu können.
Die Bundesanwaltschaft hat nach eigenen Angaben noch nicht entschieden, ob sie die Ermittlungen an sich zieht. „Wir sind natürlich in den Informationsfluss eingebunden“, sagte eine Sprecherin der Karlsruher Behörde am Montag auf Anfrage. „Jetzt gilt es aber erst einmal, sich eine zuverlässige Tatsachengrundlage zu verschaffen. Dann müssen wir sehen, ob das in unsere Zuständigkeit fällt oder nicht.“ Der Generalbundesanwalt verfolgt Straftaten gegen die innere Sicherheit der Bundesrepublik wie Terrorismus.
Noch in der Nacht sollte die Personenabklärung weiterlaufen. Unklar war zunächst, in welchem Umfeld sich der 27-Jährige bewegte und woher er den Sprengstoff hatte. Man müsse auch klären, woher genau die Metallteile stammten, sagte Fertinger. Diese glichen solchen, die in der Holzindustrie verwendet werden. In der Nacht wurden noch Spuren gesichert. Es gebe bei einer Explosion eine große Streuung. Jedes Partikel könne zur Aufklärung beitragen.