Dallas ist am Donnerstagabend offenbar nur knapp einer noch größeren Katastrophe entkommen. Das geht aus Tagebucheinträgen des mutmaßlichen Heckenschützen hervor. Auch Sprengstoff wurde sichergestellt. Rätsel gibt den Ermittlern eine Blut-Schmiererei des mutmaßlichen Täters auf.
Der mutmaßliche Polizistenmörder von Dallas plante eine noch größere Attacke als die tödlichen Schüsse auf die Beamten. Darauf deuten unter anderem Einträge in einem Tagebuch und Sprengstoff hin, die in der Wohnung des Mannes gefunden wurden. Das berichtete der Polizeichef der texanischen Stadt, David Brown.
Ein weiterer Aspekt bereitet den Ermittlern Kopfzerbrechen: Im Treppenhaus des Parkhauses, in dem der mutmaßliche Heckenschütze gezielt durch einen Sprengsatz getötet wurde, wurde an der Wand eine Blut-Schmiererei gefunden. Sie besteht nur aus den beiden Buchstaben „RB“ und soll vom mutmaßlichen Täter stammen. Die Ermittler versuchten noch herauszufinden, was die Buchstaben bedeuteten, sagte Polizeichef Brown dem Sender CNN.
Verletzte und Festnahmen bei Demonstrationen
Unterdessen marschierten in zahlreichen US-Städten wieder Tausende Menschen gegen Polizeigewalt. In St. Paul im Bundesstaat Minnesota wurden Polizisten mit Steinen, Böllern und Molotowcocktails beworfen und fünf von ihnen verletzt. In mehreren Städten blockierten Demonstranten wichtige Verkehrsstraßen, in einigen Fällen setzte die Polizei nach Medienberichten Rauchbomben ein.
Mehr als 200 Festnahmen
Insgesamt wurden mehr als 200 Menschen festgenommen, so allein 125 in Baton Rouge im Bundesstaat Louisiana. Präsident Barack Obama beschwor die Einheit der Nation und rief seine Landsleute auf, nach vorn zu blicken. Den Täter bezeichnete er als „verrückten“ Einzeltäter. Obama will Anfang der Woche nach Dallas reisen. Er verkürzte deshalb einen Spanienbesuch im Anschluss an den NATO-Gipfel in Warschau.
Auslöser der landesweiten Proteste war der Tod zweier Afroamerikaner in den US-Staaten Minnesota und Louisiana durch Polizeischüsse. Am Donnerstagabend eskalierte die Lage. Ein Heckenschütze erschoss während einer Demonstration gegen Polizeigewalt fünf Polizisten und verletzte fünf weitere sowie zwei Zivilisten. Als Motiv gilt Hass gegen Weiße.
Mutmaßlicher Täter war Heeresreservist
Gefundene Schriften und Facebook-Einträge deuten auch darauf hin, dass der mutmaßliche Täter Sympathien für afro-nationalistische Ideen und schwarze Extremistengruppen hatte. Der 25-Jährige war früher Heeresreservist und wurde Ende 2013 in Afghanistan eingesetzt, allerdings nicht in Kämpfen. Mehreren Medienberichten zufolge wurde er nach dem Vorwurf der sexuellen Belästigung einer Soldatin vorzeitig zurück nach Hause geschickt.
Brown zufolge wurde der mutmaßliche Täter anscheinend „in seinem Wahn“ durch die Polizeischüsse auf die Schwarzen in Minnesota und Louisiana angestachelt und entschloss sich zu dem Angriff. Er soll zuvor im Garten seines Wohnhauses militärische Praktiken geübt haben. Die Heckenschützentaktik, die er bei seiner Attacke anwendet haben soll: Schießen und dann immer wieder schnell den Ort wechseln.
Fragliche Blut-Buchstaben an Wand
Der Polizeichef enthüllte auch, dass der mutmaßliche Täter während der stundenlangen Verhandlungen mit Polizisten nicht nur geschossen, sondern auch gelacht und gesungen habe. Wiederholt habe er darüber gesprochen, wie viele Polizisten er wohl noch töten werde.
Entschieden verteidigte Brown den Einsatz eines Roboters mit einer Bombe zur gezielten Tötung des Schützen. Es habe keine andere Wahl gegeben, den Schützen auszuschalten, ohne weitere Polizisten „in ernste Gefahr zu bringen“. Brown sagte: „Ich würde es unter den gleichen Umständen wieder tun.“
Angespannte Situation im Land
Obama war unterdessen sichtlich bemüht, die nach den Vorfällen der vergangenen Woche aufgewühlte Nation zu beruhigen. Das Land sei nicht so gespalten, wie manche es behaupteten, sagte Obama nach Abschluss des NATO-Gipfels in Warschau. Er sprach von einer „schmerzhaften“ Woche, betonte aber zugleich, dass „die Taten von Einzelnen nicht für uns alle stehen dürfen“. Es gebe genügend Gemeinsamkeiten, auf die man bauen könne.
Dennoch blieb die Stimmung vielerorts angespannt, wuchs die Sorge, dass es zu weiterer Gewalt kommen könnte. In Dallas schreckte am Samstagabend Ortszeit ein neuer Sicherheitsalarm Polizei und Bewohner auf. Ein Teil des Polizeihauptquartiers wurde abgesperrt und nach einer „verdächtigen Person“ gesucht, später folgte Entwarnung. In San Antonio – ebenfalls im Bundesstaat Texas – wurden anscheinend mehrere Schüsse auf das Polizeihauptquartier im Stadtzentrum abgefeuert. Polizisten zufolge wurden das Gebäude getroffen und mindestens eine Patronenhülse gefunden, wie der örtliche Sender KSAT berichtete. Ein Verdächtiger sei festgenommen worden. Die Polizei im ganzen Land erhöhte wegen einer Reihe von Todesdrohungen die Sicherheitsvorkehrungen. Einige Reviere ließen Beamte nur noch zu zweit auf die Straße gehen.