Flüchtlingskrise CSU-Abgeordnete werfen Merkel „schwere Fehler“ vor

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist bei ihrem Auftritt vor der CSU-Landtagsfraktion in Wildbad Kreuth mit Kritik an ihrer Flüchtlingspolitik überschüttet worden. Mehr als ein Dutzend Abgeordnete warfen der Kanzlerin schwere Versäumnisse vor und verlangten dringend einen Kurswechsel. Finanzminister Markus Söder sagte nach Teilnehmerangaben zu Merkel: „Die Lage ist aus dem Ruder gelaufen.“ Die Grenzen offen zu lassen, sei ein „schwerer Fehler“. Es habe sich keine unterstützende Stimme für Merkel erhoben, hieß es.

Viele Abgeordnete hätten sachlich, aber eindringlich die Lage in ihren jeweiligen Stimmkreisen geschildert. Mehrere Parlamentarier forderten umfassende Grenzkontrollen – die derzeitige unkontrollierte Zuwanderung sei der „worst case“ für den Rechtsstaat. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann kritisierte nach Teilnehmerangaben, die Grenzkontrollen hätten nicht einmal das Ausmaß wie während des G7-Gipfels im Vorjahr. Mehrere Abgeordnete berichteten von Menschen, die inzwischen sagten, sie könnten Merkel nicht mehr wählen.

„Miteinanderreden von größter Bedeutung“

Merkel hatte die CSU-Forderungen nach einem raschen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik kurz vor dem Treffen in Kreuth abermals zurückgewiesen. „Worin wir uns einig sind, ist, dass wir die Zahl der ankommenden Flüchtlinge spürbar und nachhaltig reduzieren wollen“, sagte sie. Angesichts der bestehenden Differenzen sagte Merkel: „Das Miteinanderreden ist gerade in so herausfordernden Zeiten von allergrößter Bedeutung, selbst wenn man nicht in allen Fragen einer Meinung ist.“

Vor den Abgeordneten betonte die Kanzlerin nach Teilnehmerangaben, sie könne nicht gleichzeitig international verhandeln und parallel dazu nationale Maßnahmen ergreifen. Auch über einen „Plan B“ spreche sie nicht. Mitte Februar will Merkel eine Zwischenbilanz ihrer Strategie ziehen. Sie halte an einer europäischen Lösung für eine spürbare und nachhaltige Reduzierung fest.Auf die von Österreich beschlossene Obergrenze ging sie nicht ein.

In den kommenden Tagen gebe es drei wichtige Ereignisse in derFlüchtlingskrise, sagte Merkel. Sie verwies auf die deutsch-türkischen Regierungskonsultationen am Freitag in Berlin. Die Türkei sei ein Schlüsselland in der Krise. Am 4. Februar gebe es in London eine Geberkonferenz, um die Versorgung der syrischen Flüchtlinge in der Türkei, Jordanien und im Libanon sicherzustellen. Mitte Februar werde die Krise dann im Zentrum des EU-Gipfels stehen. „Danach können wir eine Zwischenbilanz ziehen … und dann sehen, wo wir stehen“, sagte Merkel. Was passiert, wenn die Zahl der Flüchtlinge nicht weiter sinkt, ließ Merkel offen. Sie lehnt sowohl die von der CSU geforderte nationale Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen als auch eine Schließung der deutschen Grenzen ab.

faz.de

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