Terrorverdächtiger : Obduktionsbericht zu Al-Bakrs Tod soll Freitag vorliegen

Das Ergebnis der Obduktion der Leiche des terrorverdächtigen Jaber al-Bakr wird voraussichtlich am Freitag vorliegen. Nach dem Suizid des 22-Jährigen in einer Leipziger Justizvollzugsanstalt, sei dessen Leiche am Donnerstag in der Rechtsmedizin untersucht worden, sagte Oberstaatsanwalt Ricardo Schulz. Mit dem schriftlichen Befund sei jedoch an diesem Tag nicht mehr zu rechnen. Nach einer ersten Bewertung nach dem Leichenfund waren Experten von einem Suizid ausgegangen.

Al-Bakr war am Montag festgenommen worden. Er soll einen Sprengstoffanschlag auf einen Berliner Flughafen geplant und bereits weitestgehend vorbereitet haben. Am Mittwochabend strangulierte sich der 22-Jährige in der Justizvollzugsanstalt Leipzig mit einem T-Shirt.

Die sächsische Justiz steht nach dem Tod des Terrorverdächtigen unter massiver Kritik. „Das hätte nicht passieren dürfen“, sagte Justizminister Sebastian Gemkow. Es sei aber „leider geschehen, obwohl wir nach dem jetzigen Stand alles getan haben, um das zu verhindern“. Bei dem 22-jährigen Syrer sei „keine akute Selbstmordgefahr“ festgestellt worden, sagte Gemkow und verteidigte das Vorgehen. Sachsens Vizeministerpräsident Martin Dulig (SPD) kritisierte dagegen die Justiz.

JVA-Leiter Jacob sagte, im Nachhinein könne kritisch gefragt werden, ob die Justiz „nicht zu gutgläubig“ gewesen sei. Doch in der Summe sei „eigentlich alles so gelaufen, wie die Vorschriften im Justizvollzug es erfordern“.

Neuer Typ Häftling in deutschen Gefängnissen

Auch Kriminologen und Mediziner diskutieren den Fall. So sieht etwa der Gefängnismediziner Joe Bausch einen Mangel an Erfahrungen der Justiz im Umgang mit potenziellen islamistischen Attentätern. Sie seien ein neuer Typ Häftling in deutschen Gefängnissen, sagte er dem SWR. „Keiner von uns, weder Ärzte, noch Psychologen, noch irgendwie andere Fachleute haben eigentlich eine wissenschaftlich belegte, erforschte Erfahrung im Umgang mit selbstradikalisierten IS-Kämpfern, die letztendlich zu einem erweiterten Suizid in der Lage sind.“

Der Kriminologe Rudolf Egg ist der Meinung, gefährdete Häftlinge sollten grundsätzlich von zwei Psychologen beurteilt werden. „Ein Vier-Augen-Prinzip wäre immer sinnvoll“, sagte der frühere Direktor der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden der Märkischen Oderzeitung. Bei einem Fall wie dem in Sachsen mit unklarer Diagnose sei es immer gut, eine Zweitmeinung einzuholen.

„Wir sind ein lernendes System“

Die Haftrichterin hatte darauf hingewiesen, dass Al-Bakr versuchen könnte, sich das Leben zu nehmen. Das Gefängnis hatte ihn nach einer Untersuchung durch eine im Umgang mit Terroristen unerfahrene Psychologin als nicht akut suizidgefährdet eingestuft.

Das System des Umgangs mit suizidgefährdeten Gefangenen an sich verteidigte der Rechtsmediziner. „Wir sind ein lernendes System, aber diese Klientel, die sich ja weder interviewen, noch erforschen lässt, die stellt uns eben, wie wir jetzt sehen, doch vor erneute Probleme.“

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