Asselborn fordert EU-Ausschluss Ungarns und einen „Ruck durch Europa“

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn hat den Ausschluss Ungarns aus der EU gefordert – und er will mit dieser Forderung Europa wecken. „Wer wie Ungarn Zäune gegen Kriegsflüchtlinge baut oder wer die Pressefreiheit und die Unabhängigkeit der Justiz verletzt“, sollte „vorübergehend oder dauerhaft aus der EU ausgeschlossen werden“, sagte Asselborn der „Welt“. Nachdem seine Forderung Kritik hervorrief, sagte er der „SZ“ (Mittwochsausgabe), er wende sich „gegen Gleichgültigkeit“, es müsse „ein Ruck durch Europa gehen“.

„Wir können nicht akzeptieren, dass die Grundwerte der Europäischen Union massiv verletzt werden“, sagte Asselborn der „Welt“ (Dienstagsausgabe). Ungarn hätte „heute keine Chance mehr, EU-Mitglied zu werden“. Die EU könne ein „solches Fehlverhalten“ wie im Fall Ungarns nicht tolerieren. Der Ausschluss wäre „die einzige Möglichkeit, um den Zusammenhalt und die Werte der Europäischen Union zu bewahren“.

Asselborn forderte zugleich, die zur Suspendierung der Mitgliedschaft nötige Einstimmigkeit im EU-Vertrag zu ändern: „Es wäre hilfreich, wenn die Regeln so geändert würden, dass die Suspendierung der Mitgliedschaft eines EU-Landes künftig keine Einstimmigkeit mehr erfordert.“

Konkret warf der dienstälteste EU-Außenminister der Regierung von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban schwere Fehler im Umgang mit Flüchtlingen vor: „Hier werden Menschen, die vor dem Krieg fliehen, fast schlimmer behandelt als wilde Tiere.“

Zugleich kritisierte Asselborn den Zaun an der ungarischen Grenze zur Abwehr von Flüchtlingen scharf: „Der Zaun, den Ungarn baut, um Flüchtlinge abzuhalten, wird immer länger, höher und gefährlicher.“ Das Land sei „nicht mehr weit weg vom Schießbefehl gegen Flüchtlinge.“

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) ging bei einem Treffen mit Kollegen der Balten-Republiken in Riga auf Distanz. Der Vorschlag Asselborns sei keine zwischen den EU-Staaten abgestimmte Position. Es sei nicht seine „persönliche Haltung, einem europäischen Mitgliedstaat die Tür zu weisen“, sagte Steinmeier. Mit Hinweis auf laufende Diskussionen zwischen der EU-Kommission und der ungarischen Regierung fügte er hinzu: „Wir müssen uns den komplizierten Debatten, die es manchmal gibt, auch stellen.“

Der Chef der konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber (CSU), sprach von einer „unsinnigen Gespensterdiskussion“. Forderungen wie die von Asselborn führten zu „Europaverdrossenheit und neuen Spaltungen in Europa“, sagte Weber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Mittwochsausgabe). „Ungarn ist Mitglied der Europäischen Union und wird es bleiben.“

Der CDU-Europapolitiker Elmar Brok bezeichnete Asselborns Äußerungen im ZDF-„Mittagsmagazin“ als „nicht hilfreich“. Auch wäre ein Ausschluss Ungarns aus der EU „nicht so machbar“, fügte Brok hinzu. Für ein Ausschlussverfahren gebe es „klare Regeln“, die sich nicht an politischen Einstellungen orientierten. Das Verfahren sei „nicht so einfach, wie Jean Asselborn sich das vorstellt“.

Die Fraktionschefin der Grünen im EU-Parlament, Rebecca Harms, wies die Forderung Asselborns ebenfalls zurück. „So wie sich Asselborn jetzt verhält, darf man nicht auf die Rückkehr der Populisten, der Politik des starken Mannes reagieren“, sagte Harms dem „Tagesspiegel“ (Mittwochsausgabe). Vernunft und gute Politik müssten die Antwort sein, „nicht die billige Forderung, Ungarn rauszuschmeißen“, sagte Harms der Zeitung.

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