Nach der Essener Anti-AfD-Demo, bei der die CDU mitmachte. Und nach dem tödlichen Angriff eines Syrers, den die Bundesinnenministerin mit missglückter Integration verharmloste. Verliert die politische Mitte ihre Trittsicherheit im Umgang mit Extremisten?
Die Essener CDU und ihr Oberbürgermeister Thomas Kufen hatten mit aufgerufen zur Demo gegen die AfD: „Zusammen für Demokratie, Vielfalt und Toleranz – Kein Raum für Hass und Hetze.“ Mit „Hass und Hetze“ gemeint waren die Delegierten des Bundesparteitags der AfD. Kufen hatte, zuletzt zum Preis von 5000 Euro, mit Hilfe eines „Antifa“-Gutachters versucht, den Mietvertrag der Gruga-Halle mit der Partei rückgängig zu machen. Gestoppt wurde er vom Gelsenkirchener Verwaltungsgericht.
Gegen „Hetze, Hass und Rechtsextremismus“
Hendrik Wüst, NRW-Ministerpräsident aus derselben Partei wie Kufen, wertete es als „ein starkes Zeichen für die Demokratie, dass so viele Menschen in Essen gegen Antidemokraten auf die Straße gehen“. Ein Signal, dass in Nordrhein-Westfalen kein Platz sei „für Hetze, Hass und Rechtsextremismus“.
Was allerdings nicht heißt, dass in NRW kein Platz wäre für Hass und Hetze. Bei der von der CDU vorsorglich unter Verdacht gestellten AfD, drinnen im Saal, lief es dann zivilisiert ab. Draußen war das ganz anders. Am Ende waren elf Polizisten verletzt, einer von ihnen schwer.
„Ein Baum, ein Strick, ein Nazigenick“, skandierten die Demonstranten, Aktivisten, Randalierer, AfD- und Polizeiangreifer vor und in den Rüttenscheider Straßen um die Grugahalle. So genau lässt sich bei derlei Veranstaltungen friedlich, unfriedlich, halbfriedlich und gewalttätig erfahrungsgemäß nicht mehr auseinanderhalten. Was allerdings auffiel: die allermeisten Wütenden und Empörten und Hysterischen waren weiße Deutsche, Menschen migrantischen Ursprungs sah man auf den Aufnahmen nur selten. Dabei müssten die doch die größte Sorge haben, angeblich, vor der AfD.
Wer Polizisten angreift, kann kein Demokrat sein
Die Weißen, sie schrien auch: „Deutsche Polizisten, Mörder und Faschisten.“ Die Angriffe auf die Polizei waren ergo kein Zufall, sie sind Bestandteil einer Ideologie, die als „Kampf gegen rechts“ gesellschafts- und anschlussfähig daherkommt, sich dann aber gegen die Sicherheitsorgane der Demokratie wendet.
Wer Polizisten angreift, weil er sie „Faschisten“ nennt, kann ein Demokrat allerdings nicht sein. Lupenreine Demokraten wird man Antifaschisten kaum nennen können. Sie reklamieren gerne, auch wieder in Essen, das grundgesetzliche Widerstandsrecht für sich, als handle es sich bei Weidel/Chrupalla um die Reinkarnation von Adolf Hitler. (Was allerdings auch Wüst meint, der die AfD in aller historisch verharmlosenden Schlichtheit „Nazi“ nennt).
Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Nein, er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus.“ Als er das sagte, war der Sozialist Ignazio Silone gerade auf dem Weg zurück aus dem Exil in seine italienische, nun post-faschistische Heimat. Der Satz Silones wird auch dadurch nicht falsch, dass ihn auf dem AfD-Parteitag die wiedergewählte Vorsitzende Alice Weidel zitierte.
Gewaltaktionen waren schon vor der Veranstaltung angekündigt
Stadtoberhaupt Kufen hatte pflichtgemäß vor der Randale-Demo gesagt, es müsse selbstverständlich friedlich bleiben. Allerdings hatte die Antifa die Gewaltaktionen auch schon vor der Veranstaltung angekündigt, der CDU-Innenminister Herbert Reul hatte dies auch öffentlich registriert. Dass die CDU bei derlei Veranstaltungen mitmacht, sogar an führender Stelle, ist keine neue Erfahrung, so war es auch schon bei den Demos „gegen rechts“ im Gefolge der Correctiv-Berichterstattung über ein ominöses „Remigrations“-Treffen in Potsdam. Auch hier waren die Veranstalter in der Regel linke Gruppen, Christdemokraten waren teilweise für unerwünscht erklärt worden.