Bi den Kommunalwahlen in Italien haben die Wähler der Partei von Ministerpräsident Matteo Renzi einen herben Denkzettel verpasst. In Rom setzte sich die Kandidatin der Protestbewegung Fünf Sterne, Virginia Raggi, mit rund zwei Dritteln der Stimmen überraschend deutlich gegen den Kandidaten der Renzi-Partei PD durch. Auch in Turin trug eine Fünf-Sterne-Kandidatin den Sieg gegen die PD davon. Die Protestpartei wertete die Ergebnisse als historischen Durchbruch.
„Mit uns beginnt eine neue Ära“, sagte die 37-jährige Raggi in der Nacht zu Montag. Sie wolle die Institutionen der Hauptstadt zurück zu „Transparenz und Rechtmäßigkeit“ führen. Raggi erwähnte auch, dass sie das erste weibliche Stadtoberhaupt Roms werde – und dies „in einer Zeit, in der die Chancengleichheit oft nur ein leeres Versprechen ist“.
„Keine reine Protestwahl“
Einen ähnlichen Ton schlug die 31 Jahre alte Fünf-Sterne-Kandidatin Chiara Appendino an, die sich in Turin mit rund 54 Prozent gegen den Bewerber der PD durchsetzte. „Wir haben Geschichte geschrieben“, sagte Appendino. „Das war keine reine Protestwahl, es ging um Wandel und um Würde.“
In Rom räumte der Kandidat von Regierungspartei Renzis seine Niederlage ein. „Es war eine schwierige Herausforderung“, sagte der 55-jährige Roberto Giachetti. „Ich bin für die Niederlage verantwortlich.“
Einen knappen Sieg konnte Renzis Partei in der Wirtschaftsmetropole Mailand verbuchen. Dort setzte sich der frühere Direktor der Weltausstellung, Giuseppe Sala, durch. In der Linken-Hochburg Bologna konnte Renzis PD das Rathaus verteidigen. In Neapel wurde der linke Bürgermeister Luigi de Magistris wiedergewählt; er ist allerdings ein ausgewiesener Kritiker Renzis. In Mailand, Neapel und Bologna hatte es die Fünf-Sterne-Partei nicht in die Stichwahl geschafft.
Die Wahlbeteiligung betrug nach Angaben des Innenministeriums nur etwa 50 Prozent. Dennoch wurden die Abstimmungen in Italien als wichtiger Stimmungstest für Renzi gewertet. Die vor sieben Jahren von Starkomiker Beppe Grillo als Protestbewegung gegründete Partei Fünf Sterne erhofft sich nun einen Schub für ihre Festigung als größte Oppositionspartei. Spätestens im Juni 2018 finden in Italien Parlamentswahlen statt. Dabei will Grillos Partei von der Wechselstimmung profitieren, die nun bei den Kommunalwahlen erkennbar wurde.
Die Juristin Raggi war in Rom als Favoritin in die Stichwahl gegen die Regierungspartei PD gegangen. Dass die politisch kaum erfahrene Quereinsteigerin den PD-Kandidaten aber mit rund 67 Prozent geradezu deklassierte, gilt als herber Schlag gegen Renzi. Raggi war bis vor wenigen Monaten in Rom praktisch unbekannt. Sie versprach im Wahlkampf, den öffentlichen Nahverkehr zu fördern, zusätzliche Busspuren und das kostenlose Fahrradleihsystem wieder einzuführen sowie sich um den personellen Notstand in der Verwaltung zu kümmern.