Zu Hunderten stehen die Menschen an den Absperrungen an der Promenade des Anglais. Manche reden leise miteinander, andere rufen wild gestikulierend, schreien ihre Wut heraus. Ein Paar verharrt minutenlang in fester Umarmung. Einige Meter weiter lehnt eine junge Frau an einem der Metallgitter, blickt auf die Straße und weint.
Diese Straße war noch vor wenigen Tagen eine Spaßmeile der Fußball-EM, Menschen kickten in Zelten Bälle auf Torwände oder zogen singend zur nächsten Kneipe. Auf dieser Straße, die zu den schönsten Flaniermeilen der Welt zählt, schlendern sonst Tausende am Tag unter Palmen entlang, auf der einen Seite das türkisblaue Meer, auf der anderen die Berge, entspannen sich, haben Spaß, leben. Auf dieser Straße kamen in der Nacht zum Freitag rund 30.000 Menschen zusammen, um das Feuerwerk zum französischen Nationalfeiertag zu bewundern. Bis ein Lkw in die Menge raste und jeden zermalmte, der nicht schnell genug fliehen konnte. 84 Menschen starben, darunter drei Deutsche, mehr als 200 weitere wurden verletzt. 52 von ihnen schwebten am Freitagabend noch in Lebensgefahr.
Etwa dort, wo die zwei Kilometer lange Todesfahrt zu Ende ging, steht jetzt ein weißer Sichtschutz, hinter dem die Polizei noch am Freitagnachmittag Leichen identifiziert und Beweisstücke gesichert hat. Neben vielen der Leichen hocken Angehörige, sie wirken taub vor Schmerz. In der nahe gelegenen Polizeistation spielten sich in den Stunden davor herzzerreißende Szenen ab, wie Anwesende später berichten. Zahlreiche Menschen erkundigten sich verzweifelt nach dem Schicksal ihrer Angehörigen. Manche suchten nach vermissten Familienmitgliedern. Andere erfuhren, dass ihre Männer, Frauen, Geschwister, Kinder tot sind.