Das Urteil des altgedienten Kongressabgeordneten war als Witz gedacht, sagte aber viel aus. „Wenn man Ted Cruz im Senat ermorden würde, und die Gerichtsverhandlung wäre im Senat selbst, dann würde es nicht zu einer Verurteilung des Täters kommen“, scherzte der republikanische US-Senator Lindsey Graham über seinen Kollegen aus Texas. Beliebt ist der 45-jährige Möchtegern-Präsident Cruz nicht. Aber seit er die republikanische Vorwahl im Bundesstaat Wisconsin gewonnen hat, erscheint er den Republikanern als so etwas wie die letzte Hoffnung, als könne nur er den egomanischen Populisten Donald Trump noch aufgehalten. Die blanke Angst, Trump könnte Kandidat werden, macht den Außenseiter plötzlich attraktiv.
Als am späten Dienstagabend klar war, dass er der Sieger der Vorwahl in Wisconsin ist, bebte Cruz geradezu vor Stolz und rief seinen Anhängern in Milwaukee entgegen: „Das ist der Wendepunkt. Mach Dich bereit, Hillary, wir kommen!“ Das wird noch dauern, aber immerhin sorgt Cruz’ Sieg in Wisconsin dafür, dass Trump möglicherweise doch nicht die absolute Mehrheit der Delegiertenstimmen erhalten wird, um auf dem Parteitag der Republikaner im Juli automatisch zum offiziellen Kandidaten ausgerufen zu werden. Dem Milliardär aus New York droht eine Kampfabstimmung gegen den beinharten Ideologen aus Texas. Der Ausgang dieser Wahl aber ist völlig offen. Sollte Cruz erfolgreich sein, dann hätte sich die republikanische Partei für einen Kandidaten entschieden, der sich in seiner Radikalität gar nicht so sehr von Donald Trump unterscheidet.
Trump bleibt Favorit der Republikaner
„Das Beste, was man über Ted Cruz sagen kann, ist, dass er ein schlimmerer Donald Trump ist“, heißt es in der „Washington Post“. Genauer gesagt: Trump ist biegsam und würde als Präsident, so glauben Kenner der Szene, seinen scharfen Worten nicht immer Taten folgen lassen. Cruz dagegen ist verbissen und würde auch umsetzen, was er ankündigt.
Diese Ankündigungen haben es ihn sich. Cruz ist ein Liebling der rechtspopulistischen Tea Party und bedient deren Hass auf den Politikbetrieb in der US-Hauptstadt Washington, wo er seit einigen Jahren als Kongressmitglied sitzt und sich vor allem durch Obstruktion ausgezeichnet hat. Vor knapp drei Jahren hielt er eine Dauerrede von mehr als 21 Stunden im Senat, weil er eine Abstimmung verzögern wollte, die ihm nicht passte. Zusammen mit anderen Abgeordneten sorgte er auch dafür, dass die Bundesverwaltung ihren Betrieb mehr als zwei Wochen einstellen musste. Cruz findet Gefallen an allem, was Washington schadet.
Der in Kanada geborene Sohn eines Kubaners und einer US-Amerikanerin wettert gegen die Gleichbehandlung von Homosexuellen. Er will die Krankenversicherung des amtierenden Präsidenten Obama abschaffen. Er will die Amerikaner mit einer Flat Tax beglücken, einem einkommensunabhängigen Steuersatz von zehn Prozent. Er will das Bundesfinanzamt IRS abschaffen. Er ist gegen eine Verschärfung der laxen Waffengesetze, aber für ein hartes Regiment an der Grenze zu Mexiko, um Einwanderer abzuhalten.
In ihrer Not, die an Panik grenzt, scheint er dem republikanischen Establishment jedoch ein probates Mittel gegen Trump zu sein. Noch vor wenigen Wochen scherzten altgediente Konservative, die Wahl zwischen Trump und Cruz sei wie die Wahl zwischen einem Erschießungskommando und einem Becher mit Gift. Solche Sätze sind heute nicht mehr zu hören.