Die FPÖ verlor den von Pannen begleiteten Urnengang hauchdünn. Nun hat das Verfassungsgericht die Wahl in Österreich annulliert. Das Urteil soll das Vertrauen in Rechtsstaat und Demokratie stärken.
Wegen Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung der Briefwahlstimmen muss die Präsidentenstichwahl in ganz Österreich wiederholt werden. Nach einer Wahl-Anfechtung der rechten FPÖ hat der Verfassungsgerichtshof in einem bisher einmaligen Vorgang die Wahl wegen vieler formaler Fehler aufgehoben.
Innenminister Wolfgang Sobotka von der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) sprach von fatalen Fehlern und Schlampereien bei der Auszählung. Die Regierung werde nun „zeitnah“ eine neue Stichwahl ansetzen.
Damit kommt es wahrscheinlich im Herbst zu einem erneuten Duell zwischen dem von den Grünen unterstützten Alexander Van der Bellen und dem FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer. Hofer zeigte sich nach dem Urteil erleichtert: „Ich bin froh, dass der Verfassungsgerichtshof eine sehr schwierige Entscheidung objektiv getroffen hat.“ Van der Bellen sagte in einer Stellungnahme um 14.30 Uhr, dass er sich der Wahl wieder stellen werde. Auf die Frage, ob das Urteil seinen Konkurrenten Hofer stärke, sagte er: „Wir starten eine neue Runde. Wenn ich einmal unter widrigen Umständen gewonnen habe, kann ich das auch ein zweites Mal.“ Die Wahl werde wohl Ende September oder Anfang Oktober stattfinden.
Die Stichwahl gegen den FPÖ-Kandidaten Hofer am 22. Mai hatte der frühere Grünen-Politiker Van der Bellen nur äußerst knapp mit rund 31.000 Stimmen Vorsprung gewonnen. Es war das knappste Wahlergebnis in der Geschichte der Alpenrepublik.
„Die Entscheidung macht niemanden zu einem Verlierer oder Gewinner“, hieß es in der Begründung des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs, Gerhart Holzinger. Das Urteil diene dazu, das Vertrauen in den Rechtsstaat und die Demokratie zu stärken.
Neue Wahl wird zehn Millionen Euro kosten
Ausschlaggebend für die Wahl waren die rund 740.000 gültigen Briefwahlstimmen. Die FPÖ ortete zahlreiche Unregelmäßigkeiten und brachte eine gut 150 Seiten umfassende Anfechtungsklage ein. In 97 der 117 Wahlbezirke soll es Rechtsverstöße gegeben haben. Unter anderem sollen Briefwahlstimmen sortiert worden sein, bevor der zuständige Vertreter der Wahlkommission anwesend war.
Eigentlich hätte der Nachfolger von Bundespräsident Heinz Fischer am Freitag vereidigt werden sollen. Nun muss das dreiköpfige Präsidium des Nationalrats, dem auch Hofer angehört, die Amtsgeschäfte des Staatsoberhauptskommissarisch übernehmen. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) erklärte, „es wäre grundfalsch, denjenigen, der auf den Missstand aufmerksam macht, Schuld zuzusprechen.“
Die Neuauflage der Wahl wird den Steuerzahler laut Innenministerium rund zehn Millionen Euro kosten.