Geschichte vom toten Flüchtling frei erfunden

Ein Flüchtlingshelfer hat den Fall eines toten Asylbewerbers in Berlin erfunden. „Wir haben keinen toten Flüchtling“, sagte eine Sprecherin der Polizei nach der Vernehmung des Mannes, der den angeblichen Todesfall im Internet publik gemacht hatte. Der Helfer habe zugegeben, sich die Geschichte ausgedacht zu haben. Sein Motiv ist nicht bekannt.

Eine Helferin hatte am Mittwochmorgen auf Facebook vom Tod des Flüchtlings berichtet. Sie berief sich auf den angeblichen Zeugen, der sie in der Nacht kontaktiert habe und verwies auf dessen Facebookpost, sie selbst war in der Nacht nicht dabei. Der Hilfsverein „Moabit hilft“ glaubte die Geschichte und verbreitete de Nachricht vom Tod des Flüchtlings auf Twitter und Facebook weiter. Der Helfer hatte mitgeteilt, dass ein 24 Jahre alter syrischer Flüchtling in der Nacht auf Mittwoch gestorben sei.

Zuvor habe der Asylbewerber tagelang vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) angestanden und sei krank geworden. Der Helfer habe den stark fiebernden Mann zu sich geholt. Wegen seines schlechten Zustandes sei er von einem Krankenwagen abgeholt worden – und auf dem Weg in eine Klinik gestorben. Später löschte der Helfer seinen Facebook-Eintrag.

Polizei und Senatsverwaltung bemühten sich anschließend, die Geschichte zu verifizieren. Doch weder die Notaufnahmen der 39 Aufnahmekrankenhäuser noch die Feuerwehr wussten von dem toten Flüchtling. Regina Kneiding, die Sprecherin der Berliner Gesundheitsverwaltung, sagte dem Tagesspiegel:  „Niemand kennt diesen Fall.“

Das erste Posting der Mitarbeiterin ist noch online, sie hat ihren Eintrag inzwischen ergänzt und darauf hingewiesen, dass der einzige, der den Fall aufklären könne, der Helfer selbst sei. Er war für Nachfragen stundenlang nicht erreichbar, auch in der Nacht selbst sei er nicht ans Telefon gegangen, mit der Begründung, er sei im Krankenhaus und könne jetzt nicht telefonieren. Er ging auch im Laufe des Tages nicht ans Telefon und ließ niemanden in seine Wohnung, bis zum Abend auch die Polizei nicht.

„Moabit-hilft“-Sprecherin Henninges hatte am Nachmittag eine Pressekonferenz gegeben. Der Helfer, dem sie vertraue, habe per SMS mitgeteilt, dass er sich „schon noch bei den entsprechenden Stellen melden werde“. Sie könne sich nicht vorstellen, dass alles erfunden sei. „Wenn jemand mit so etwas spielt, dann wäre das schrecklich. Wenn es nicht stimmt, wäre das eine Katastrophe.“ Dann, sagte Henninges, bedeute das, dass sie ihren Helfern nicht mehr vertrauen könne.

Der Pressesprecher der Berliner Feuerwehr, Sven Gerling, hatte rbb online bereits am Morgen gesagt, dass er den Rettungswageneinsatz nicht in der Einsatzliste gefunden habe. „Bislang haben wir keine Kenntnis von einem Einsatz, der in einer Wiederbelebung endete.“ Bei einem Notfall-Rettungseinsatz werde die Feuerwehr zwingend informiert. Dass der Einsatz dennoch stattgefunden habe, sei aber nicht ausgeschlossen.

Kerzen und Trauerflor für einen Toten, den es nicht gibt

Vor dem Lageso hatten sich nach der falschen Nachricht viele Menschen zusammengefunden, die trauerten. Seit Mittwochmorgen hing eine Trauerbekundung vor dem Haus von „Moabit hilft“, davor standen zahlreiche Kerzen. „Wir weinen“ war auf dem schwarz umrandeten Zettel unter anderem zu lesen. Viele Helfer waren schockiert. „Wir haben immer davor gewarnt, dass so etwas passieren wird“, sagte Christiane Beckmann, ein Vorstandsmitglied von „Moabit hilft“, ZEIT ONLINE. „Aber es hat sich nie etwas geändert.“ Hunderte Flüchtlinge warteten täglich vor dem Lageso, die wenigen Zelte reichten längst nicht aus, so dass nachts auch bei Minusgraden viele Menschen draußen ausharren müssten.

Die Senatsverwaltung hatte am Dienstag mitgeteilt, dass die Situation am Lageso wegen eines hohen Krankenstandes der Mitarbeiter besonders angespannt sei. Etwa die Hälfte der Mitarbeiter hat sich krank gemeldet. Zuletzt gab es erhebliche Engpässe bei der Auszahlung von Leistungen an Asylbewerber.

zeit.de

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