+++ Türkei-Krise im News-Ticker +++Österreich fordert Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen

Eine Gruppe des türkischen Militärs hat versucht, die Macht im Land zu übernehmen. Der Putschversuch scheiterte. Seitdem kam es zu Zehntausenden Festnahmen, Präsident Erdogan rief den Ausnahmezustand aus und rafft immer mehr Macht an sich. Alle Informationen im News-Ticker.

Aktuelles im News-Ticker:

Österreich fordert Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei

09.47 Uhr:Österreich will in der EU den Abbruch der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zur Diskussion stellen. Bundeskanzler Christian Kern wolle das Thema am 16. September im Europäischen Rat auf den Tisch legen, sagte der sozialdemokratische Politiker am Mittwochabendim ORF-Fernsehen.

„Es braucht ein alternatives Konzept“, fügte Kern hinzu. Die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei seien „nur noch diplomatische Fiktion“. Zuvor hatte Kern bereits in einem Interview für die Donnerstagausgabe der Wiener Tageszeitung „Die Presse“ gesagt: „Wir wissen, dass die demokratischen Standards der Türkei bei Weitem nicht ausreichen, um einen Beitritt zu rechtfertigen.“

Allerdings seidie Türkeiin sicherheitspolitischen Fragen ein wichtiger Partner, etwa beim Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat. Dass Ankara als Reaktion auf eine schwindende EU-Perspektive den Flüchtlingsdeal mit der EU platzen lassen würde, glaubt Kern nicht. „Wir sind gegenüber der Türkei kein Bittsteller, wir sind einer der größten Investoren, der türkische Tourismus hängt an uns und was man nicht vergessen darf, der Westen finanziert das Leistungsdefizit der Türkei.“

Nach Türkei-Putsch: Hessisches Kultusministerium beobachtet Islam-Unterricht

Donnerstag, 04. August, 00.11 Uhr: Angesichts der politischen Turbulenzen in der Türkei behält sich das hessische Kultusministerium Konsequenzen für den islamischen Religionsunterricht vor. Im Blick steht dabei die türkisch-islamische Dachorganisation Ditib. Gegenwärtig gebe es keinen Einfluss des türkischen Staates auf den Unterricht, sagte ein Ministeriumssprecher am Mittwoch in Wiesbaden. „Sollte jedoch auf unsere Lehrkräfte und die Unterrichtsinhalte Einfluss genommen werden, so würden wir umgehend einschreiten und die Zusammenarbeit mit Ditib Hessen beenden.“

Die Islamwissenschaftlerin Susanne Schröter hatte zuvor die Landesregierung aufgefordert, ihre Zusammenarbeit mit Ditib beim Religionsunterricht zu überdenken. Die Organisation sei strukturell, finanziell und ideologisch abhängig von Diyanet, der türkischen Religionsbehörde, die wiederum unmittelbar dem türkischen Ministerpräsidenten unterstellt sei, sagte Schröter der Mittwochsausgabe der „FrankfurterNeuen Presse“.

Hessen hatte 2013 den bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht eingeführt, Kooperationspartner ist auch die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib). Damals sei Ditib noch eine moderate Organisation gewesen, sagte Schröter. Doch gerade die hessische Ditib habe sich durch den Einfluss der Türkei stark verändert. 2012 war bereits in Nordrhein-Westfalen der bekenntnisorientierte islamische Religionsunterricht als reguläres Fach eingeführt worden.

Der Sprecher des Kultusministeriums in Wiesbaden sagte, sein Haus beobachte die Entwicklungen in der Türkei mit großer Sorge. Rheinland-Pfalz kündigte an, weitere Verhandlungen über den dort geplanten Islamunterricht mit Ditib kritisch zu prüfen.

Türkei: Inzwischen mehr als 13.000 Verdächtige in Untersuchungshaft

18.41 Uhr:Die Zahl der Festnahmen seit dem Putschversuch in der Türkei ist nach offiziellen Angaben auf fast 26.000 gestiegen. Gegen 13.419 Verdächtige von insgesamt 25.917 Festgenommenen sei Haftbefehl erlassen worden, sagte Innenminister Efkan Ala am Mittwoch nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu. Die Reisepässe von 74.562 Personen seien für ungültig erklärt worden, um die Flucht von Verdächtigen ins Ausland zu verhindern.

Unklar war zunächst, wie viele der insgesamt knapp 26.000 wieder auf freien Fuß gesetzt wurden. Zuletzt hatte die Regierung diese Zahl mit mehr als 3500 angegeben. Nach einem Notstandsdekret von Staatspräsident RecepTayyip Erdogankönnen Verdächtige 30 Tage in Polizeigewahrsam festgehalten werden, bis sie einem Haftrichter vorgeführt werden müssen. Zuvor waren es maximal vier Tage.

Türkei will mit Europarat in Menschenrechtsfragen zusammenarbeiten

16.10 Uhr:Trotz der teilweisen Suspendierung der Europäischen Menschenrechtskonvention nach dem Putschversuch will die Türkei weiter eng mit dem Europarat zusammenarbeiten. Die Türkei werde diesen weiterhin „regelmäßig informieren“, sagte Außenminister Mevlüt Cavusoglu nach einem Treffen mit dem Generalsekretär des Europarats, Thorbjørn Jagland, am Mittwoch in Ankara. Jagland sagte, er sei erfreut, dass die Türkei bereit sei, Hilfe von Experten des Europarats anzunehmen.

Nach dem Putschversuch vom 15. Juli hatte die Türkei den Ausnahmezustand verhängt und auch die Menschenrechtskonvention teilweise ausgesetzt. Der Europarat hatte nach dem ersten von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan erlassenen Notfall-Dekret besorgt reagiert.

Mit dem Dekret wurde unter anderem der Zugang der Anwälte zu ihren Klienten eingeschränkt. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International spricht außerdem von „glaubwürdigen Hinweisen“ auf Misshandlungen und Folter von Festgenommenen.

Erdogan: „Westen hat sich auf die Seite der Putschisten gestellt“

13.04 Uhr:Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip setzt nach dem Putschversuch seine Kritik am Westen mit unveränderter Härte fort. „Der Westen hat sich auf die Seite der Putschisten gestellt“, sagte Erdogan am Mittwoch bei einer Dringlichkeitssitzung des Religionsrates in Ankara. „Sie haben sich nicht auf die Seite der Führung dieses Landes gestellt, das sich gegen den Putsch gewehrt hat.“

Erdogan zitierte einen verstorbenen Bekannten, der ihm mit Blick auf den Westen einst gesagt habe: „Wenn sie ihre Flugzeuge, Panzer und Kanonen haben (…), so haben wir unseren Allah.“ Der Präsident fügte unter dem Beifall der Religionsgelehrten hinzu: „Ja, wir haben unseren Allah. Und ohne Zweifel haben auch wir Panzer und Kanonen.“

Erdogan räumte ein, die Bewegung des Predigers Fethullah Gülen – den er für den Umsturzversuch verantwortlich macht – und ihre Anhänger früher selber unterstützt zu haben. „Obwohl sie viele Seiten hatten, mit denen ich nicht übereinstimmte, habe auch ich persönlich ihnen geholfen.“ Das sei trotz Bedenken „in gutem Glauben“ geschehen. Erdogan und Gülen waren bis zu einem Zerwürfnis 2013 Verbündete.

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