Frankreich – Belgien:So sind sie, Deschamps‘ Franzosen

Ein Tor aus dem Spiel hat Frankreich bei dieser EM noch immer nicht selbst erzielt. Unter den besten Acht sind sie trotzdem. Weil sie die Meister der Kontrolle sind.

In der entscheidenden Szene des Spiels zeigte sich mal wieder, warum es im Fußball Stürmer braucht: Leute, die nicht noch mal querpassen oder sich umschauen, wenn sie in Tornähe sind, sondern einfach versuchen, den Ball aufs Tor zu bringen. Irgendwie.

Randal Kolo Muanis Position war nicht ideal in dieser 85. Minute. Er stand mit dem Rücken zum Tor, und sein Winkel für den Torschuss wurde sogar noch schlechter, als er sich um seinen Gegenspieler Jan Vertonghen drehte. Aber er schoss trotzdem. Er traf den Ball etwas merkwürdig, der sprang komisch auf, dann sprang er gegen das Bein von Jan Vertonghen. Und von da ins Tor, irgendwie. 

Irgendwie, das reicht manchmal. Und bei den Franzosen reicht es erstaunlich oft. Ein eigenes Tor aus dem Spiel haben sie immer noch nicht geschossen bei diesem Turnier; diesen entscheidenden Treffer zum 1:0, den Randal Kolo Muani irgendwie erzwungen hatte, schrieb die Uefa dem Belgier Jan Vertonghen zu. Auch das erste Spiel hatten sie durch ein Eigentor gewonnen, gegen Polen traf Kylian Mbappé per Elfmeter. 

Trotzdem sind sie nun eine der besten acht Mannschaften in diesem Turnier. Und noch immer einer der Titelfavoriten.

In den 84 Minuten zuvor waren die Franzosen sehr oft um diesen belgischen Strafraum herumgeschwirrt, ohne Lücken zu finden. Mal versuchten sie hineinzulaufen, mal passten sie den Ball um den Strafraum herum (oft zu ungenau), mal schossen sie von außerhalb des Strafraums. Und wenn sie den Ball von außen hineinpassten oder flankten, stand dort niemand, oder jedenfalls: kein Franzose.

Die Belgier taten an diesem Abend etwas, das den Franzosen nicht unbedingt liegt: Sie überließen ihnen den Ball. Und warteten selbst ab. Wie sehr, das sah man schon nach zwei Minuten, als die Belgier erstmals am eigenen Strafraum das Spiel eröffnen mussten. Sekundenlang standen sie da, hielten den Ball und musterten die französische Formation. Als wären sie auf diese Situation gar nicht vorbereitet gewesen.

s war der passende Beginn einer dürftigen Fußballhalbzeit, in der Belgien sich schnell zurück und Frankreich sich nur langsam nach vorne bewegte. Didier Deschamps versuchte es ohne den flinken Dribbler Ousmane Dembélé, dafür hatte er Antoine Griezmann nach rechts vorne gestellt. So ganz funktionierte das nicht. Griezmann, der im französischen Spiel oft der richtungsweisende Spieler ist, eine Art Verbindungsmann zwischen dem organisierten Mittelfeld und den Solisten vorne, fehlten an der Seitenlinie die Ballkontakte, um viel Einfluss zu nehmen. Erst als er öfter Richtung Mitte rückte, wo er sonst spielt, wurde er besser. 

Da hatte er schon die Gelbe Karte gesehen, weil er auf links auch noch gegen Belgiens besten Fummler Jérémy Doku aushelfen musste. Der Freistoß danach, den Kevin De Bruyne aufs Tor zog, war der einzige belgische Torschuss in der ersten Hälfte.

Der Gegner sei vorsichtig gewesen, sagte Didier Deschamps nach dem Spiel. Das stimmte, und es war etwas überraschend, wie defensiv Belgien am Anfang agierte. In der Gruppenphase waren sie teils selbst die Mannschaft gewesen, die ewig um den Strafraum der Gegner herumspielte. Nun versuchten sie es mit langen Pässen über die französische Abwehr hinweg auf die Stürmer Romelu Lukaku und Loïs Openda von RB Leipzig. Genau das sei der Plan gewesen, erklärte ihr Trainer Domenico Tedesco hinterher, man habe da Schwachstellen in der französischen Abwehr entdeckt.

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